Feldpostbrief Nr. 13 vom 4. November 1944

13.)                                                       Osten, den 4.11.44

Meine liebe Ellermaus, liebe Kinder!

Der zweite Tag ist wieder heran, da sollt Ihr also auch wieder einen Brief von mir bekommen. Meine Lage u. Stimmung ist ganz trostlos, und zwar durch das Wetter, es hat näm- lich wieder ein dünner regen eingesetzt, und in meinem Bunker, d.h. Loch, aber auch bei den anderen Kameraden regnet es mächtig durch. Alles ist wieder naß, der Mantel, die Decke, die Klamotten, die man anhat, naße Füße und dann Sturm und kalt. Man weiß nun nicht mehr mit was man sich zudecken soll, in der Nacht habe ich ein paar Stunden ge- schlafen, vollkommen naß, mit den naßen Sachen zugedeckt, bis über die Ohren, dann ging es immer Tropf, Tropf von der Decke. Jetzt ist es Mittags 12:00, der Regen hat aufgehört aber die Sonne kommt nicht durch, besteht also die beste Aussicht, das es wieder zu regnen anfängt. Habe meinen Mantel u. die Decke in das Gebüsch zum Trocknen gehängt, es wird ja nichts dabei herauskommen, aber es ist immer besser, als wenn die Sachen auf dem naßen Heu liegen. Der Mantel ist durch den Regen wieder so schwer, daß ich ihn allein nicht an- ziehen kann. Es ist nicht möglich, daß ich mich in meinem Loch aufhalten kann, vor Näße und Kälte würde ich eingehen, da habe ich mich zu Kameraden in ein anderes Loch geflüchtet, hier kann ich doch mal wenigstens auf den Knien diesen Brief schreiben.

Ein besseres Loch für mich zu bauen lohnt nicht mehr, warum kannst Du Dir ja denken nicht wahr? Ich gäbe viel, wenn das schon Tatsachen wären.

Gestern abend bekamen wir jeder ein Frontkämpferpäckchen, darinnen waren enthalten, 1 Stange, na Du weißt ja eben,  wo von [...] eben gesprochen hatte, dann noch 1 Stange so ein weiße Zeug, was das war, weiß ich auch nicht, dann 1 Rolle Drops, die hebe ich auf und schicke oder bringe sie Euch, 4 Stck. habe ich eben davon, dann etwas Keks, der schmeckt gut und 6 Zigaretten. Also mein Kind, mit Rauchwaren bin ich versorgt, da hatte ich noch kaum Not, da kannst Du also Deine Karte für Dich verwenden, ist Dir doch angenehm nicht wahr? Wir bekamen auch noch jeder 1/4 ltr. Wein, Schnaps gab es schon des Öfteren, immer 7 Mann eine knappe Flasche, es ist ja nicht viel, aber zum Erwärmen geht es noch. Der Iwan hat uns heute, bis jetzt eigentlich Ruhe gelassen, dafür war es gestern wieder ganz nett, aber es vergeht eben jeder Tag und man weiß nicht, was der nächste bringen wird.

Nun meine Lieben, das wär so alles, was ich Euch mitzuteilen hätte, es geht mir sonst den Verhältnissen entsprechend, ganz gut, d.h. bis auf den Dreck, u. die Näße, da hat man den Kanal manchmal so voll, daß man am liebsten alles hinschmeißen möchte, es sind aber auch Anstrengungen, man kann vor Dreck kaum laufen, sitzt direkt mit den Schuhen fest, und man saut sich dabei ein, daß man tatsächlich wie eine Sau aussieht, dazu kommt, das man keine Gelegenheit hat sich zu säubern, zu waschen oder zu rasieren, es geht jetzt schon so 17 Tage, da kannst Du Dir von unserem Aussehen ja ein Bild machen, alles was man anfäßt klebt voll Lehm, wenn man in sein Loch kriecht ist man dreckig, kommt man heraus, ist es nicht anders, ich habe in meinem Leben noch nie einen so dreckigen Menschen gesehen wie ich es bin, die Hände, eine richtige Borke hat man, na ja, es wird ja hoffentlich nicht mehr lange dauern, dann kann man sich wieder einmal säubern. Kalt ist mir an den Füßen, habe das Gefühl als wenn sie mir garnicht gehören, aber alles von der Näße, denn Kälte haben wir hier noch nicht, es wäre aber viel schöner, wenn das der Fall wäre, dann wär es wenigstens hier trocken. So meine Lieben, genug des grausamen Spiels, Euch wird es ja gewiß noch gut gehen und so auch mit der Gesundheit nicht wahr? Drückt mal alle weiter für mich die Daumen, daß wir uns alle recht bald gesund wiedersehen können. Seid nun bis zum nächsten mal recht herzlichst gegrüßt und innigst geküßt von Eurem Papa! Dein Bert

Recht herzliche Grüße an
alle Bekannten u. Verwandten

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